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Sie erwägen eine Klage gegen die partielle Impfpflicht?

 

Da es sich bisher um ein Gesetz ohne weitere Durchführungsverordnung handelt ist das zuständige Gericht das Bundesverfassungsgericht. Gerade ein Eilantrag hat aber hohe Hürden. Für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung müssen Gründe von ganz besonderem Gewicht substantiiert dargelegt werden. Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, gelten dafür besonders hohe Hürden, weil dies einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers darstellt (so z.B. Beschluß v. 24.1.2022 - 1 BvR 2380/21) Auch sollte ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Einreichen des Antrages und Inkrafttreten des Gesetzes bestehen. - Gegen eine Entscheidung des Gesundheitsamtes können Sie hingegen vor Ihrem regionalen Verwaltungsgericht vorgehen. Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist das Arbeitsgericht zuständig.

Auszug aus der Rechtsprechung im Zusammenhang mit Corona-Virus

Die Anforderung zur Vorlage eines Immunitätsnachweises nach §20a V IfSG kann nicht mithilfe eines Zwangsgeldes durchgesetzt werden - VG Hannover und VG Schleswig

Die Verwaltungsgerichte in Hannover (Beschluß vom 11.5.-15 B 1609/22) und Schleswig (Beschluß vom 13.6. - 1 B 28/22) haben sich zu den Voraussetzungen der Nachweispflicht im Rahmen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht geäußert. Beide Gerichte halten nach summarischer Prüfung die Androhung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung der Nachweispflicht für rechtswidrig. Lesenswert insofern die Entscheidung des VG Hannover, welches sich auch zu den formellen Anforderungen an eine Fristandrohung geäußert hat. 

VG Hamburg gibt Eilantrag gegen Verkürzung der Gültigkeitsdauer statt; VG Schleswig sieht Rechte der Antragssteller nicht verletzt

Der Antragssteller hatte sich im Oktober 2021 mit dem Corona-Virus infiziert. Auf seinen Eilantrag hat das VG HH vorläufig festgestellt, dass die Verkürzung des Genesenen-Status für ihn nicht gilt. Der §2 Nr. 5 SchAusnahmV sei schon aufgrund der Regelungstechnik voraussichtlich verfassungswidrig und somit unwirksam. Unter anderem begründet das Gericht seinen Beschluß damit, dass der Verweis auf die fachlichen Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zudem gegen das rechtsstaatliche Publizitätserfordernis verstoße. (VG Hamburg 14 E 414/22)

Anders sieht das VG Schleswig die Rechtslage. In seinem Beschluß vom 17.2.2022 1 B 7/22 verwiest das Gericht auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 10.2.2022 - 1 BvR 2649/21. Auch dort sei es um die gesetzliche Regelungstechnik der dynamischen Verweisung gegangen, diese aber nicht als so schwerwiegend angesehen, als das nicht ein Zuwarten auf die Hauptsache möglich wäre. Im Verfahren vor dem VG Schleswig waren das Gericht zudem der Ansicht, dass ohnehin in Kürze eine neue Corona-BekämpfungsVO in Kraft treten würde, bei der diverse Lockerungen zu erwarten seien, so dass bis dahin die Gefahren einer ggf. unzureichenden Immunisierung angesichts der hoch ansteckenden Omikron Variante höher einzuschätzen sind. 

VG Stuttgart kippt Verbot von "Montagsspaziergängen"

Das generelle Verbot von Corona-"Spaziergängen" in Bad Mergentheim ist voraussichtlich rechtswidrig. Das präventive Verbot der nicht angemeldeten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen gerichteten Versammlungen genüge voraussichtlich nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben, heißt es in der Begründung des Gerichts. Die Antragsgegnerin hatte mit sofort vollziehbarer Allgemeinverfügung alle mit generellen Aufrufen zu "Montagsspaziergängen" oder "Spaziergängen" in Zusammenhang stehenden, nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen im Stadtgebiet unabhängig vom Wochentag und unabhängig davon, ob einmalig oder wiederkehrend stattfinden, untersagt und bei Zuwiderhandlung unmittelbaren Zwang angedroht. Das Gericht war demgegenüber der Ansicht, dass ein bloßer Verstoß gegen die Anmeldepflicht keine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des Versammlungsrechts darstellen würde. Auch fehle es an einer tragfähigen Gefahrenprognose bzgl. des Infektionsschutzgeschehens. (Beschluß VG Stuttgart vom 12.1.2022 - 1 K 80/22)

OVG bestätigt Verbot von "Montagsspaziergängen" in Südpfalz

Das OVG Koblenz hat das für den Landkreis Südliche Weinstraße verfügte Verbot von "Montagsspaziergängen" am 3.1.22 in einem Eilverfahren bestätigt und damit die Beschwerde zurückgewiesen. Das OVG sah sich nicht imstande in der Kürze festzustellen, ob das auf das Versammlungsgesetz gestützte, maßgeblich mit Infektionsgefahren begründete Verbot offensichtlich rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Es müsse geklärt werden, ob das Infektionsschutzgesetz eine Sperrwirkung gegenüber dem Versammlungsgesetz entfalte. Es sei weiter zu klären, wie weit diese grundsätzliche Sperrwirkung reiche und ob nicht Ausnahmen von einem solchen Grundsatz zuzulassen seien. Eine Klärung dieser schwierigen Rechtsfragen müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Im Rahmen des Eilverfahrens falle die Interessenabwägung daher zu Lasten des Antragsstellers aus. (OVG Koblenz, Beschluß vom 3.1.2022 - 7 B 10005/22.OVG)

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte sich bereits 2020 mit der Frage der Versammlungsfreiheit unter den Bedingungen der Corona-Pandemie befaßt. In einem Aufsatz, der den damaligen Sachstand beschrieb (Stand: 12.11.2020) heißt es am Schluß auf Seite 7/8:" In jedem Fall bleibt es bei der Notwendigkeit einer auf einer konkreten Gefahrenprognose basierenden Einzelfallentscheidung der zuständigen Versammlungsbehörde, welche von den unabhängigen Gerichten am Maßstab von Art. 8 GG überprüft werden kann. Eine gewisse Steuerungswirkung für die Einzelfallentscheidung der Versammlungsbehörde und ihre gerichtliche Bewertung kann von Regelungen beispielsweise zur grundsätzlichen Obergrenze der Teilnehmerzahl ausgehen, die durch Verordnung oder Gesetz vorgeschrieben werden kann. Zur versammlungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Obergrenze gibt es soweit ersichtlich noch keine Rechtsprechung. Einschränkungen des Versammlungsrechts aus Infektionsschutzgründen durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber müssen in jedem Fall Raum für Einzelfallenscheidungen belassen."

Vorläufige Außervollzugsetzung der 2-G-Regelung im Einzelhandel in Niedersachsen

Der 13. Senat des Niedersächsischen OVG hat am 16.12.2021 den §9 a I und II Satz 1-3 der Niedersächsischen Corona-VO vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az. 13 MN 477/21). Gegen diese Regelung, die in bestimmten Betrieben und Einrichtungen des Einzelhandels ein Verbot des Zutritts für Kunden anordnet, die weder über einen Impfausweis noch über einen Genesenenausweis verfügen, hatte die Antragstellerin eine Normenkontrollklage eingereicht. Sie hatte eingewandt, dass die genannte Infektionsschutzmaßnahme nicht notwendig sei auch mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar sei. Den Argumenten war der Senat im Wesentlichen gefolgt. 

Am 21.12.2021 wurde bekannt, dass das niedersächsische Sozialministerium eine Anhörung vor dem OVG beantragen wolle. Ministerpräsident Weil (SPD) wolle mit Hilfe von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen dem Gericht das Risiko der Omikron-Variante und eine daraus resultierende Begründung für 2G besser vermitteln. (Quelle: Beck-aktuell-Newsletter vom 21.12.2021)

Gewerberaummiete LG Frankfurt a.M. Urteil vom 2.10.2020 – 2-15 O 23/20:

 

  1. In der staatlich verordneten Schließung der Verkaufsstätten des Einzelhandels im Zuge der Corona-Epedemie liegt kein Mangel der Mietsache i.S.v. §536 Abs. 1 Satz 1 BGB

  2. Durch die staatlich verordnete Schließung der Verkaufsstätten des Einzelhandels im Zuge der Corona-Epidemie wird dem Gewerberaumvermieter die Gebrauchsgewährung nicht gemäß §275 Absatz 1 BGB unmöglich.

   3.Die staatlich verordnete Schließung der Verkaufsstätten des Einzelhandels im Zuge der     

     Corona-Epidemie kann erst dann zu einem Anspruch auf Anpassung des Vertrages unter 

      dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß §313 BGB führen, wenn

      es aufgrund dessen für den Gewerberaummieter zu existentiell bedeutsamen Folgen

       kommt.

 

Gewerberaummiete LG München I Endurteil Vom 22.9.2020 – 3 O 495/20

 

Kann ein vertraglich vereinbarter Mietzweck nach den öffentlich-rechtlichen Beschränkungen infolge der Corona-Epidemie nicht mehr eingehalten werden, ist das ein Mietmangel im Sinne von §536 BGB.

 

Lockdown: Fitnessstudio VG Hamburg Beschl. Vom 10.11.2020 – 13 E 4550/20

 

Die Infektionsschutzrechtliche Generalklausel des §28 Absatz 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz reicht als Ermächtigungsgrundlage für (erneute) Untersagungen unternehmerischer Tätigkeiten unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatzes nicht mehr aus.

 

Anmerkung: „Die Rechtsauffassung der 13. Kammer des VG Hamburg steht im diametralen Widerspruch zu der der übrigen Kammern….sowie der des OVG Hamburg. Insoweit verwundert es nicht, dass das angerufene Beschwerdegericht…vor seiner Entscheidung in der Sache die Vollziehung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vorläufig aussetzte“ (Auszug aus einer Anmerkung zu genanntem Urteil des VG Hamburg von Dipl.-Jur. Henrik Eibenstein in COVuR 16/2020, Seite 892)

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